
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
als am Abend der Landtagswahl ein Gesprächspartner für die Radio-Live-Schalte nicht zum vereinbarten Interviewtermin auftauchte, beruhigte mich eine altgediente Kollegin am Telefon: Alles halb so wild, wir machen bloß Radio. Keine Menschenleben in Gefahr.
Das hilft gelegentlich, die eigene Arbeit ins richtige Verhältnis zu setzen…
Aber diese Beruhigungs-Floskel hat für mich an Bedeutung verloren seit ich das erste Mal vom „säbelrasselnden Putin“ gelesen habe. Noch schlimmer wurde es mit der angeblichen „Einmarschdrohung an Polen“. Welche Worte Journalisten wählen, wie sie berichten, kann tatsächlich über Menschenleben entscheiden. Wieder. Unglaublich, dass das in dem Jahr geschieht, in dem die Situation vor dem 1. Weltkrieg wegen des 100jährigen Jahrestages des Kriegsausbruchs durch viele Berichte ins Bewußtsein gerückt wird. Doch scheinbar ohne dass überall die entsprechenden Lehren gezogen werden. Als Landesverband werden wir das auf dem kommendes Bundesverbandstag in Weimar zum Thema machen.
Um zu sehen, was passieren kann, wenn Journalisten Öl ins Feuer eines Konflikts gießen, müssen wir aber gar nicht auf die Außenpolitik schauen. Das Thema Asyl ist in Sachsen ein ganz heißes. Die Meldung, dass Bautzner Rettungssanitäter in einer Asylbewerberunterkunft nun schußsichere Westen tragen müssen, hat im Netz eine Hetzlawine gegen Flüchtlinge losgetreten. Die Meldung stellte falsche Zusammenhänge her und befeuerte so Angst und Vorurteile.
Fehler zu machen ist menschlich, Sorgfalt aber vor allem dort angezeigt, wo unsere Wort zu Waffen werden können.
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Ine Dippmann
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